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Glocke und Ikone. Tarkovskijs Film "Andrej Rublev" / Bell and Icon. On Tarkovskijs Film "Andrei Rublev"
- Author(s):
- Natascha Drubek (see profile)
- Date:
- 2016
- Subject(s):
- Atheism, Sound art
- Item Type:
- Article
- Tag(s):
- Cinema, Religious studies, Russia, Sound/sound art
- Permanent URL:
- http://dx.doi.org/10.17613/M66F8H
- Abstract:
- Die letzte der acht „Novellen“ des Films "Andrej Rublev" trägt den Titel "Die Glocke" ("Kolokol"). Hier bricht Rublev sein Schweigegelübde, um dem erschöpften jungen Glockengießer Boriska Trost zu spenden. Sobald Boriskas Glocke beginnt zu tönen, d. h. der Glockenschwengel (russ. jazyk - „Zunge“) sich bewegt, löst sich auch Rublevs Zunge und damit seine selbstauferlegte kreative Askese: er kehrt zur Malerei zurück und schafft jene Ikonen, die wir im Epilog des Films sehen. Das visuelle Medium benötigt das auditive, die Ikone bedarf der Glocke. "Andrej Rublev" ist keine eindimensionale Übertragung ostkirchlicher Bilderverehrung auf das Filmmedium: In der Handlung des Films tauchen die Ikonen v. Rublev lediglich in einer apophatischen Form auf, als nichtgemalte, oder sie werden durch eine von der im Film als "Närrin" bezeichnete Frau vollendete Tropf-Freske vertreten, die offensichtlich keine historische Rublev-Ikone ist, sondern das zeitgenössische Action Painting zitiert. Der Zugang des russischen Regisseurs Tarkovskij zu Bildern ist komplex: zum einen übt er bei der Abbildung der materiellen, gemalten Ikone Enthaltsamkeit und folgt darin den traditionellen Vorgaben des orthodoxen Regelwerks aus der Frühzeit des russischen Films; zum anderen führt er das Performieren einer Ikone vor: in den lebendigen Figuren, die sich den Ikonenfiguren anpassen bzw. in der Lebensgeschichte eines malenden Mönchs, also eines Künstlers. Die letzte, Personen enthaltende Einstellung des Filmnarrativs ist eine die Ikonographien der Konfessionen übersteigende Komposition, die orthodoxes umilenie und westkirchliche Pietà verbindet. Tarkovskij positioniert Rublev in der lebendigen Skulptur dort, wo die Stelle der Gottesmutter ist. Diese Veränderung eines grundlegenden Elements der umilenie-Pietà-Komposition führt dazu, dass nicht mehr göttliche Mutter oder irdische Frau Trost spenden, sondern die Bilder und damit die Kunst – vertreten durch den Malermönch Andrej.
- Notes:
- https://publishup.uni-potsdam.de/opus4-ubp/frontdoor/deliver/index/docId/8384/file/tarkovskij01.pdf https://publishup.uni-potsdam.de/frontdoor/index/index/docId/8384 urn:nbn:de:kobv:517-opus4-83848
- Metadata:
- xml
- Published as:
- Book chapter Show details
- Publisher:
- Universitätsverlag Potsdam
- Pub. Date:
- 2016
- Book Title:
- Andrej Tarkovskij: Klassiker – Классик – Classic – Classico : Beiträge zum internationalen Tarkovskij-Symposium an der Universität Potsdam
- Author/Editor:
- Norbert Franz
- Status:
- Published
- Last Updated:
- 6 years ago
- License:
- Attribution-NonCommercial
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Glocke und Ikone. Tarkovskijs Film "Andrej Rublev" / Bell and Icon. On Tarkovskijs Film "Andrei Rublev"